Freitag, 7. Dezember 2012

100% Antifaschist, 0% Antifa

Seit einiger Zeit liegt mir etwas schwer im Magen und auch auf die Gefahr hin, nach diesem Post als Grauzone dazustehen, weil es irgendwelchen militanten Linken nicht paßt was für eine Meinung ich habe, muss ich es heute trotzdem niederschreiben.
Freunde, die mich gut kennen wissen, dass ich die Antifa nicht mag, ich im Grunde aber deren Arbeit gut finde bzw. gut fände. Klar, die Antifa als Organisation gibt es nicht, doch warum hat eine nicht existierende Organisation dann so viel Einfluss auf die Szene?



Aktueller Fall bei Kim von Vegan Wonderland. Ich kenne Kim nicht und bin ihr glaub ich noch nie begegnet, aber plötzlich rückte sie in meinen Aufmerksamkeitsbereich. Hatte Kim doch tatsächlich Kontakte zu Nazis und obwohl sie jahrelang aktiv dagegen kämpft, wurde gegen sie gehetzt. Dieser "Kontakt" sind zwei Bekanntschaften aus Italien, die sie zufällig kennenlernte und wie normale Oi-Skins wirkten. Diese zwei Nazis hatte sie dann auf Facebook geaddet und deren Profil nicht richtig kontrolliert. Wohlgemerkt hat sie sie aber auf einem zweiten Profil hinzugefügt (das "Müllprofil"), da sie diese flüchtigen Bekanntschaften nicht in ihrem engeren Kreis wollte.
Den Hetzartikel könnt ihr hier nachlesen. Kims Statement bei Plastic-Bomb, nachdem ihres ja auf Indymedia anscheinend zensiert wurde, könnt ihr hier nachlesen.
Was mich hier nervt ist, dass eine Tierschützerin und jahrelange Aktivistin gegen Rechts ohne mal zu fragen was eigentlich Sache ist, erstmal so angegriffen wird. Es ging so weit, dass ihre Schaufensterscheiben eingeschlagen wurde (wo sie selbst sagt, sie kann nicht sagen, ob es Antifaschisten waren). Bei so einer Sache muss man doch erstmal auch das "Opfer" befragen, bevor dagegen gehetzt wird.

Gestern habe ich noch von einem Freund gehört, dass er mal auf einer Antifa-Sitzung dabei war: "Die hatten da so ein dickes Buch, in dem sie reinschreiben, was wer gesagt hat und dann wurde darüber diskutiert, ob man das nun dulden kann oder ob man dagegen vorgehen muss." Also ich brauchte bis jetzt noch kein Buch und Diskussionen um zu erkennen, ob vor mir ein Nazi steht, oder nicht...



2. Thema: Musik. Gewisse Aktivisten schaffen es doch tatsächlich aus jeder linken Punkband eine rechtsoffene bzw. Grauzonenband zu machen. Seit geraumer Zeit darf ich solche Sachen beobachten. Hatte doch Toni von Piratenpapst vor Jahren ein Interview mit Frei.Wild geführt. Frei.Wild sind heute nachdem wir mehr wissen, eindeutig rechts. Doch damals kannte man sie nur in Südtirol - man wusste zu wenig und hatte sich noch zu wenig damit befasst. Toni meinte zwar damals, dass die Band nicht schlecht sei (ich habe das Interview nie gesehen oder gelesen, kenne es nur vom Hörensagen), heute aber distanziere er sich davon. Es ärgert ihm, dass er ihnen damals nicht einfach eine verpaßt hat.
Diesen Stempel von Rechtsoffenheit bekommt die Band Piratenpapst aber seitdem nicht mehr los. Oireszene war auch sehr fleißig dabei, bestimmte Bands in Ungnade fallen zu lassen. Wie viele Skinheadbands sind seit dieser Hetz-Seite (das linke kreuz.net) angeblich rechts, oder Grauzone? Und wieviele unpolitische Bands wurden durch dieses militante linke Gehetze vergrault und vielleicht erst ab da von uns weg und den rechtsoffenen Hörern zugespielt? Ich mein ja nur: Ich als Anarchist hab es schon satt was da läuft und ich bin nicht der Einzige dem es so geht!! Und deshalb würd es mich nicht wundern, wenn gewisse unpolitische Bands irgendwann meinen: Die Linken sind Spinner...
Man sollte sich selbst ein Bild von einer Band machen. Sich erstmal informieren, die Texte lesen und die Lieder hören. Danach vielleicht mal auf ein Konzert... Und viel wichtiger: Nur weil man selbst eine Band nicht mag, und die Macht hat für eine Seite zu schreiben, damit beginnen Lügen in die Welt zu setzen! Da sind wir nämlich ab und zu genauso dumm wie die Rechten. Zu wenig Recherche und zu viel Subjektivität. Woher haben die meisten ihre Infos? Von "ich hab gehört, dass der erzählte, dass ein anderer gehört haben soll". Klar, bleibt wachsam bei sowas, aber verurteilt doch nicht gleich!



Schlimmer finde ich die Tatsache, dass es heute schon so weit geht, dass wenn eine Band mal mit einer anderen Grauzoneband auf der Bühne stand, dann ist die andere Band auch gleich Grauzone (egal, ob sie antirassistische Texte haben). Oder Veranstaltungsorte, weil dort eine Grauzoneband spielte. Leute! Da bleibt doch dann bald nix mehr über? Eine linke Band muss sich schon bei einer anderen linken Band informieren, ob die eh nicht Grauzone sind und ob in dem Lokal, wo sie spielen, nicht auch mal ne Grauzoneband auftrat... Soll das wirklich so sein? Wieviel Zeit sollen diese Bands dann eurer Meinung nach in die Internetrecherche stecken? Soll sie sich in Foren erkundigen und dann erst zusagen?






Bei dem Festival "Ehrlich & Laut" erfuhr ich erst kürzlich, dass das anscheinend auch ein Grauzone-Festival ist. G.O.N.D. ist mir bewusst und bin ich nicht scharf drauf hinzufahren. Stellt sich jetzt nur die Frage, sollen wir jetzt Skatoons und Wilde Zeiten auch in die Grauzone-Ecke schieben? Wilde Zeiten!!! Seit Jahren linker Punk! Skatoons, eine Ska-Band!! Und was ist mit Pöbel & Gesocks? Ich kenne genügend Antifas, die sich Pöbel & Gesocks reinziehen, obwohl es bei denen Bekannt ist, welche Verbindungen der Sänger in die rechte Szene hat (und ein Sexist ist). Wisst ihr: Wenn dann konsequent! Aber dann bleibt bald nicht mehr viel übrig was man hören darf.

Ich bleib der Idee treu, dass man Grauzonen-Bands einen Platz in der Punkszene geben sollte. Nicht jede Band, die nicht bekennend links ist, ist gleich rechtsoffen. Viel wichtiger wäre es dann auf diesen Konzerten zu schauen, dass dort keine rechten Spinner rumhängen und irgendwelche Flugblätter verteilen, um junge Menschen zu rekrutieren die nur gekommen sind, weil ihnen die Musik gefällt. Das wäre schlimmer.

Grauzone sollte weiterhin existieren, aber wir sollten aufpassen, dass wir unsere Szene nicht zerstören...



Und!! Ich werde weiterhin nach 12 Uhr Mitternacht zum kapitalisitschen McDonald's gehen um mir dort einen Veggieburger für 1,50€ zu holen, weil ich mir ab und zu einfach nix teureres leisten kann!!!

 Bitte für eine rege Diskussion Kommentare schreiben. Mich würd's interessieren, warum in Sachen Grauzone so extrem übertrieben wird und bin für einen Austausch "recht offen" ;-)

Euer Donald (der Punk-Designer)

3 Kommentare:

Diana Kennedy hat gesagt…

Ich sehe das ganz ähnlich wie Du. Und das Phänomen beschränkt sich ja nicht nur auf die Antifa, sondern auf viele Themengebiete mit Engagement. Aus Engagment wird leider allzu oft Fantastimus und die Unfähligkeit, Zwischentöne zu erkennen und vor allen Dingen, den einzelnen Menschen zu sehen. Individualität wird weder erkannt noch geschätzt, gefragt sind Schubladen und Konformität. Schlagworte, Feindbilder, Schwarz-Weiss Malerei sind dann letzten Endes hüben wie drüben anzutreffen.

Unknown hat gesagt…

Geb ich dir auch recht.
In der Punkszene ist es natürlich schon ein wenig ernster mit den Zwischentönen, weil es nicht zu viele geben sollte. Es ist nunmal eine eher geschlossene Szene wenn man nach rechts schaut:
Thema Rechtsradikalismus ist schon schwer. Ich möchte auch nicht gern mit einem Neonazi befreundet sein, auch wenn er evtl. ganz OK ist - ist ja auch nur ein Mensch/Individuum. Aber seine Ideologie wäre mir trotzdem zu krass und distanziere mich davon - verabscheue sie sogar. Heißt also, dass auch ich Feindbilder habe.
Ich suche aber meine Feindbilder nicht in meinen eigenen Reihen oder unter meinen Freunden. Würd ich das mitbekommen, dass ein Freund von mir mit Rechtsradikalen rumhängt, würd ich ihn ansprechen und ihm schon sagen, dass ich das nicht richtig finde. Kann er mir keinen ernsthaften Grund nennen, warum er das tut weiß ich, dass sich die Freundschaft auf kurz oder lang nicht halten kann.
Aber Bands als rechtsoffen hinzustellen, die es eindeutig nicht sind, das ist dann einfach übertrieben...

Diana Kennedy hat gesagt…

Ob Du mit einelm rechtsradikalen überhaupt soviel gemeinsame Basis hâttest, damit eine Freundschaft entstehen kann, ist ohnehin fraglich. Ginge mir nicht anders. Das maxima das ich habe sind rechtskonservative Freund/innen, die aber trotzdem noch eine Grundethik in sachen Menschenrechte beachten und schon gar nicht Gewalt propagieren.
Ich hatte mal ne DevianArt "Freundin", die stand total auf Luftwaffe-Flieger des WK2. Okay, ich mache auch Soldatensachen und von daher hatten wir eine gewisse Basis. Eines Tages jedoch hatte sie ein Foto gepostet von Getränkedosen die sie sich gekauft hatte und die mit "Zykloon B" beschriftet waren. (In den USA gibts offenbar so'n Scheiss) Sie fand das total witzig. Für mich war das dann der Grund die Freundschaft zu beenden. Rote Linie halt.